Frederick Herzberg (1923 bis 2000)


Für die biographischen Details schauen Sie am besten bei Wikipedia vorbei.

Der Arbeitswissenschaftler und klinische Psychologe Frederick Herzberg veröffentlichte 1959 mit Bernard Mausner und Barbara Bloch Snyderman die Zwei-Faktoren-Theorie und den wesentlichen Gedankengang, dass es nicht ausreicht, die Unzufriedenmacher zu beseitigen.
Zufriedenheit ist nicht, wenn Gründe für Unzufriedenheit nicht mehr vorliegen !
Zufriedenheit stellt sich erst ein,
wenn etwas hinzukommt: die Motivatoren.

Herzbergs wichtigste Bücher sind Job Attitudes: Research and opinion (1957), The motivation to work (1959, gemeinsam mit B. Mausner und B. B. Snyderman; im Folgenden bei Zitaten mit "MW" abgekürzt [Quelle ist die zweite Ausgabe von 1959]) und sein Hauptwerk Work and the nature of man (1966; im Folgenden mit "WNM" abgekürzt [Quelle ist der dritte Wiederabdruck von 1974 der ersten Londoner Ausgabe des Jahres 1968]).

Empirische Grundlage der Zwei-Faktoren-Theorie war eine Befragung von rund 200 "engineers and accountants" in "Nine companies representing a cross section of the industry of Pittsburgh, Pa." (MW: 32, WNM: 122; während es 1959 in MW lediglich heißt "Our sights were set for approximately 200 interviews, ..." wird erst sieben Jahre später in WNM die genaue "Size of Population" mit 203 Personen angegeben)
Seltsam, dass weder 1959 von Herzberg/ Mausner/ Snyderman noch 1966 von Herzberg angegeben wurde, wie viele "engineers" und wie viele "accountants" befragt wurden.

In seinem dritten Buch Work and the nature of man unternahm Herzberg den wissenschaftlichen Nachweis der aufgrund der ersten Studie entwickelten Theorie. So lautet der erste Absatz des Vorwortes:

"WORK AND THE NATURE OF MAN is the third book of a trilogy concerning job attitudes. In the first book, Job Attitudes: Review of Research and Opinion, my colleagues and I attempted to review and systematize what had been gleaned from research and contemplation after a half-century of effort. In the Motivation to Work that followed, we described an original research study that offered a completely new hypothesis about the way people feel about their jobs. In this book, I have taken that hypothesis and expanded it to a general theory of Work and the Nature of Man. While the trilogy contains the three basic stages of scientific inquiry, knowledge of what has gone before, new research and finally a theory, the task that I set out for myself many years ago, upon graduation from the School of Public Health at the University of Pittsburgh, is just beginning. That task was to give original substance to the new discipline of Industrial Mental Health and, if possible, to make some positive contributions."

Herzberg und andere Forscher befragten in den 50er und 60er Jahren 1.685 Arbeiter/innen und Angestellte danach, wann sie entweder besonders unzufrieden oder besonders zufrieden mit und bei der Arbeit waren (US-amerikanische Vorarbeiter, Agrarökonomen, Manager kurz vor der Pensionierung, Krankenhausverwaltungspersonal, Werkmeister, Krankenschwestern, Lebensmittelhändler, Polizisten, Ingenieure, Wissenschaftler, weibliche Programmierer, Haushälterinnen, Buchhalter, finnische Vorarbeiter, ungarische Techniker, u.a.).

Er fand heraus, dass eine Beseitigung (Hygiene) der Bedingungen, die zu Unzufriedenheit führen, noch nicht bedeutet, dass die Arbeitnehmer/innen zufrieden und motiviert sind.
Für Motivation bedarf es zweierlei: zunächst sollten demotivierende Faktoren (Unzufriedenmacher) beseitigt werden; danach kommt es darauf an, geeignete Motivatoren zu finden, die Interesse und Lust an der Arbeit fördern.

Dies ist zugleich auch der Ansatzpunkt für die Kritik an seinen Schlüssen.

Untersuchungen in den Folgejahren zeigten, dass das Konzept Herzbergs zu starr war, denn Umstände, die zur Arbeit motivierten, taten dies nach einer Weile weniger oder gar nicht mehr, wenn sie zur Selbstverständlichkeit wurden. Erst ein erneuter Mangel machte deren Bedeutung wieder bewusst und konnte bei Mangelausgleich wieder motivierend wirken.



Die Ergebnisse der Forschungen bei den 1.685 Personen gab Herzberg 1968 in einer Balkengrafik wieder, deren durch Linealmessung geschätzte Prozentwerte als jeweils erste Werte in (Klammern) in der folgenden Tabelle dargestellt sind - die rechts daneben angegebenen Prozentzahlen sind die Werte der 203 in Pittsburgh befragten "engineers and accountants" aus MW von 1959 (Seite 72). Neun Jahre später sind teilweise deutliche Veränderungen durch die größere Menge von befragten Personen aus insgesamt 17 Befragtengruppen an unterschiedlichen Orten der erkennen:

 

FACTORS AFFECTING JOB ATTITUDES AS REPORTED IN 12 INVESTIGATIONS

Factors characterizing 1,844 events on the job that led to extreme dissatisfaction

FACTOR
Factors characterizing 1,753 events on the job that led to extreme satisfaction

(10%)
. 7%
Achievement
(42%)
41%
(. 9%)
18%
Recognition
(31%)
33%
(12%)
14%
Work itself
(22%)
26%
(. 4%)
. 6%
Responsibility
(21%)
23%
(. 5%)
11%
Advancement
(12%)
20%
(. 5%)
. 8%
Growth
(. 7%)
. 6%
(35%)
31%
Company policy and administration
(. 4%)
. 3%
(19%)
20%
Supervision
(. 4%)
. 3%
(10%)
15%
Relationship with supervisor
(. 5%)
. 4%
(10%)
11%
Work conditions
(. 2%)
. 1%
(. 8%)
17%
Salary
(. 6%)
15%
(. 6%)
. 8%
Relationship with peers
(. 4%)
. 3%
(. 4%)
. 6%
Personal life
(. 1%)
. 1%
(. 4%)
. 3%
Relationship with subordinates
(. 4%)
. 6%
(. 3%)
. 4%
Status
(. 2%)
. 4%
(. 2%)
. 1%
Security
(. 1%)
. 1%


(Frederick Herzberg: One more time: how do you motivate employees ?, Harvard Business Review [1968 (1)/ 1987 (5)/ 2003 (1)] + The Motivation to Work [1959: 72]; [eigene Farb- und Fett-Hervorhebung und eigene Zahlen-'Schätzung': während im Buch von 1959 Prozentangaben zu finden sind, werden in dem Artikel von 1968 {Seite 57} und dem reprint von 1987 {Seite 112} jeweils nur eine Balkengrafik gezeigt, so dass ich die Zahlenwerte nur schätzen konnte {ich habe die Balkenlängen der originalen Artikel-Grafik mit dem Lineal gemessen und daraus den Prozentwert errechnet bzw. geschätzt}]). Hier die originale Grafik (1968: 57):



1966 dokumentierte Herzberg in Work and the nature of man die Ergebnisse aus 10 Studien mit 1.220 Teilnehmer/innen
- eine elfte Studie war noch nicht rechtzeitig ausgewertet: "A project to include workers in the Soviet Union has not been completed in time to be included in this report" (WNM, 93); vgl. WNM: Kapitel 7 und den Überblick auf den Seiten 122f; es empfiehlt sich, aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse der 10 Studien, die einzelnen Ergebnistafeln zu betrachten (S. 92-129 in WNM) !

Seltsam ist, dass Herzberg in seinem rückblickenden Kommentar des Jahres 1987 nur die befragten Finnen und Ungarn erwähnt und nicht die befragten Sowjets, deren Ergebnisse zu diesem Zeitpunkt längst hätten Berücksichtigung finden können und gerade für Amerikaner doch besonders interessant gewesen wären; es heißt lediglich: "While the original 12 studies were mostly American (they also included Finnish supervisors and Hungarian engineers), the results have been replicated throughout the world." (1987: 120) Umso bemerkenswerter ist diese Lücke, weil Herzberg bereits in der Erstveröffentlichung 1968 auf die "Communist countries" verwies:
"At least 16 other investigations, using a wide variety of populations (including some in the Communist countries), have since been completed, making the original research one of the most replicated studies in the field of job attitudes." Schließlich leitete er selbst eine Studie an der Universität von Leningrad und sagte im April 1965a in dem Artikel The New Industrial Psychology: "Neither the acceptance of the free enterprise system by the Americans, nor the belief in their system by the Russians seem to have absolved the industry of each nation from the need to be more rational about the problems of managing people." (1965a: 364) Der Satz wurde übrigens zehn Jahre später - im Jahr 1975 - verändert zitiert: "Neither the acceptance of the free enterprise system by the Americans, nor the belief in their Communist system by the Russians seems to have absolved the need to be more rational about the problems of motivating people." (die wesentliche Formulierungsänderung ist aus meiner Sicht der Wechsel von "problems of managing people" in "problems of motivating people"; Quelle: eine Werbung im Canadian Manager magazine für die dreitägige Jahreskonferenz des Canadian Institute of Management [19.-21. Juni 1975], bei der Frederick Herzberg am zweiten Tag ein ein Seminar leitete)
Noch seltsamer wird das Schweigen über die Ergebnisse der sowjetischen Untersuchungen im 1968er-Artikel und erst recht im 1987er-Artikel, weil Herzberg bereits im September 1965b den Artikel Job Attitudes In The Soviet Union veröffentlichte (Personnel Psychology, Volume 18 Issue 3, pp. 245-252 [ergänzend sei an dieser Stelle auf den Artikel Evolution in the Soviet Sociology of Work: From Ideology to Pragmatism von Vladimir Shlapentokh hingewiesen, in: Work and Occupations, 1987, 14: 410-433]).

Und es wird noch seltsamer, weil im rückblickenden Kommentar Ergebnisse aus anderen Ländern (Japan, Indien, Südafrika, Zambia, Italien und Israel) genannt werden:

 
Länder   Hygienef. Motivatoren
Japan M 39 92
  H 61 8
Indien M 30 66
  H 70 34
Südafrika M 28 86
  H 72 20
Zambia M 12 85
  H 86 15
Italien M 31 62
  H 69 38
Israel M 40 67
  H 60 33
12 M 31 81
investig. H 69 19

(Herzberg (1987: 118 + 112);
in dieser Tabelle sind Summenwerte der jeweiligen Untersuchungen wiedergegeben;
d.h. die obere erste Tabelle wird hier in den letzten beiden Zeilen derart zusammengefasst, dass "of all factors contributing to job satisfaction, 81% were motivators. And of all the factors contributing to the employees' dissatisfaction over their work, 69% involved hygiene elements [dt: Hygienefaktoren, eigene Anmerkung]." [113]; diese Logik ist nun auf die Länder zu übertragen; warnend sei hinzugefügt, dass zu fragen ist, welcher Art die Untersuchungen waren, die in den einzelnen Ländern getätigt wurden [also wie viel Befragte in welchen Berufsgruppen], denn wie bereits oben erwähnt, liefern bereits die einzelnen amerikanischen Befragungen unterschiedliche Ergebnisse)

Und wenn Herzberg bereits 1968 in seinem Artikel sagte, dass "16 other investigations ... have since been completed", warum sind dann in dem Artikel die Ergebnisse von lediglich 12 Studien genannt ?

Bereits 1965 hatte Herzberg in seinem September-Artikel von ersten Untersuchungen in der Sowjetunion berichtet, die Informationen bereit stellen sollten "to be used in the proper education of the Soviet youth to the Socialist attitude to labor." (1965b: 245, Herzberg zitiert hier aus der Übersetzung eines russischen Forschungsartikels: Zdravomyslov, A./ Yadov, V. A. (1964): A Case Study of Attitudes to Work, Questions of Philosophy [IV]). Diese Befragung wurde nicht mit dem Fragekatalog von Herzberg/ Mausner/ Snyderman durchgeführt. Yadov nahm nach der Befragung, aber vor dem Ergebnisbericht am Beginn des Jahres 1964 Kontakt mit Herzberg auf, bat ihn um Kopien der Bücher Job Attitudes und The Motivation to Work und lud ihn zu Gesprächen an das Philosophische Institut nach Leningrad ein, um dort mit ihm über die russischen Forschungen und Herzbergs "theories of job attitudes" zu sprechen (für Herzberg war der Weg kurz, weil er sich damals als Fulbright research fellow in Tampere (Finnland) aufhielt). (1965b: 245) Herzberg nannte die empirische Sozialforschung in der Sowjetunion zwar "a rather recent development." (1965b: 245) Doch lobte er die methodische Durchführung der Studie mit 2.665 Arbeitern unter 30 Jahren. (Vgl. 1965b: 246) Die Befragten wurden in sechs Gruppen aufgeteilt: "physical laborers, manual skilled laborers, machine operators, assembly line workers, automated machine workers, and repairmen of automated machinery." (1965b: 249) Auch wies Herzberg darauf hin, dass der von den Sowjets abgefragte "social value of labor" einen Inhalt betraf, "which has never been asked, as far as I know, in an American survey." (1965b: 248) Außerdem wurde der Zufriedenheitsgrad der Befragten mit deren Arbeitsleistung in Beziehung gesetzt. Die Arbeitsleistung wurde von den jeweiligen Vorgesetzten abgefragt. Es zeigte sich eine höhere Leistung bei den Personen "who were more satisfied with their job, with their trade, and with the social value of the work they were doing" (1965b: 248), aber auch eine negative Auswirkung auf arbeitsunabhängige Lebensbereiche, wenn "depressed feeling[s] generated by the concrete conditions of the kind of work" (1965b: 249). Die russischen Forscher sahen in "the content and character of the work itself" den größten Einfluss auf "the attitude to work". (1965b: 250) Herzberg sah darin eine wesentliche Übereinstimmung mit den neuesten Studien über die "attitudes of the American work force". (1965b: 251) Herzberg äußerte eine Hoffnung nach seinem Besuch in Leningrad:

"It is hoped that, when further communication and exchange of data is possible with the Soviet investigators, cross-cultural comparisons will serve to limit the ideological intrusions of both countries into the research within the area of behavioral and social science." (1965b: 251)

Wer nach diesen Äußerungen glaubt, die Arbeitswissenschaft sei erst mit Herzberg in der Sowjetunion richtig in Schwung gekommen, der vergisst, dass bereits am 27. August 1920 vom Präsidium des sowjetischen Zentralrates der Gewerkschaften die Gründung eines Centralnyj Institut Truda (C.I.T. = Zentrales Arbeitsinstitut) beschlossen wurde. Im Jahr 1921 befassten sich "in Rußland etwa 20 Stellen mit der wissenschaftlichen Erforschung der Arbeit." (Baumgarten, F. (1924): Arbeitswissenschaft und Psychotechnik in Russland, München/Berlin: Oldenbourg, S. 9) Drei Jahre später waren es bereits 60 Stellen. Bereits vor der Eröffnung des Zentralinstituts wurden in Russland Schriften zum Taylorsystem veröffentlicht und es war eine Kenntnis über amerikanische Betriebe vorhanden (folgende Quellen wurden im Literaturverzeichnis bei Baumgarten (1924: 142-147) angegeben; hier in zeitlicher Reihenfolge):
Poljakow, R. (1904): Nastojasceje polozenje woprosa o primjenenji sistemy Tejlora.
Der gegenwärtige Stand der Frage über die Anwendung des Taylorsystems
Bezproswannyj, J.M. (1915): Rasplanirowocnoje bjuro w njebolsom zawode predprijatji po sisteme Tejlora. Das Verteilungsbüro in einem kleinen Betriebsunternehmen nach dem Taylorsystem
Ermanskij, O.A. (1918): Sistema Tejlora. Das Taylorsystem
Bezproswannyj, J.M. (1919): Sowremjennacja organizacja amerikanskich zawodow.
Die gegenwärtige Organisation der amerikanischen Betriebe
Rabcinskij, J. (1921): Sistema Tejlora. Das Taylorsystem
Ermanskij, O.A. (1922, 2. Aufl.): Naucnaja organizacja truda i sistema Tejlora.
WAO und das Taylorsystem
Krupskaja, N. (1922): Sistema Tejlora i organizacja sowjetskich ucrezdenij.
Das Taylorsystem und Organisation der Sowjetgründungen

Interessant ist auch, dass die Russen früh die Bedeutung der Hirnforschung erkannt haben, denn unter den vier im Bereich der Arbeitswissenschaft besonders regen Instituten gab es ein "Institut für Gehirnforschung":

1. Das Zentralarbeitsinstitut in Moskau.
2. Das Zentrallaboratorium für Arbeitsforschung
    am Institut für Gehirnforschung in Petrograd.
3. Das Arbeitsinstitut in Charkow.
4. Das Institut für wissenschaftliche Arbeitsorganisation in Kasan.

(Baumgarten 1924: 11, 71)

Der damals an der Michigan State University tätige Vladimir Shlapentokh geht in seinem 1987er-Artikel nicht auf diese Zeit ein (er macht nur kurze Ausführungen zu den 1930er-Jahren in der Sowjetunion), doch nimmt er Bezug auf die Untersuchung von Yadov et al. (bei ihm "Iadov et al.") und auf die Herzberg-Quellen Job Attitudes und Work and the Nature of Man. Shlapentokh konzentriert sich auf die empirische Sozialforschung zu "research on attitudes toward work" (410) nach der Stalin-Diktatur, also ab 1953 (von den 24 Seiten des Artikels bestehen 5 Seiten aus Literaturangaben). Stalin wurde nur zwei Jahre nach Gründung des C.I.T. Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und war eine "treibende Kraft hinter der sowjetischen Industrialisierung." (Wikipedia "Josef Stalin", Zugriff 9.8.2009)

Arbeitswissenschaftlich und historisch bedeutsam ist die Bewunderung des Taylorsystems bei einigen Russen und vor allem beim ersten Leiter des C.I.T., dem Dichter Aleksej K. Gastew. Ihn zitiert Baumgarten mit folgenden Worten: "Wenn Taylor nicht geboren wäre, so müßte er erfunden werden. [...] Viele stößt es ab, daß wir mit den Menschen umgehen wollen, wie mit einer Schraube, einer Schraubenmutter, einer Maschine. Aber dies müssen wir ebenso furchtlos auf uns nehmen, wie wir das Wachstum der Bäume, die Ausdehnung des Eisenbahnnetzes annehmen. Es handelt sich nicht darum, daß wir um eine größere Individualisierung kämpfen sollen, sondern im Gegenteil, der größte Teil unserer Arbeit soll automatisiert werden." (laut Baumgarten (1924: 16); Baumgarten gibt keine Quelle an, doch ist aufgrund der vorigen Zitate zu vermuten, dass Baumgarten aus dem Gastewschen Werk Die neue kulturelle Einstellung (Nowaja kulturnaja ustanowka) von 1923 zitierte) Ein dieser Denklinie entsprechendes Bild beschreiben Gastews Worte zum Verständnis seiner Dichtung. Vöhringer beschrieb und zitierte (bei ihr "Gastev" statt "Gastew"): "Anstelle von Stimmungen vermittelten seine Gedichte Instruktionen. Noch bevor beispielsweise seine Gedichtsammlung Ein Packen von Ordern begann, lieferte Gastev dazu die Lesevorgabe als »Technische Anweisung«: Die Gedichte seien »in einheitlichen Blöcken vorzutragen, als ob man einen Apparat bedient. Der Vortrag soll ausdruckslos sein, ohne Pathos, pseudoklassische Rhetorik und besonders [ohne] betonte Stellen. Wörter und Sätze folgen einander im selben Tempo.«" (laut Vöhringer, M. (2007): Avantgarde und Psychotechnik, Göttingen: Wallstein, S. 212; Vöhringer zitierte aus Gastev, A. ([1921]/ 1999: Ein Packen von Ordern, Ostheim/Rhön)

Shlapentokhs Artikel stellt im Anschluss an das Buch von Baumgarten eine gute Ergänzung zum Verständnis der sowjetischen Arbeitswissenschaft seit den 1920ern bis zum Jahr 1987 dar - jenes Jahr, in dem der bis dahin meistverkaufte Artikel des Harvard Business Review One more time: How do you motivate employees als Wiederabdruck + rückblickendem Kommentar erschien.

 

 

Sowohl im farbigen als auch in dem farblosen Teil der beiden obigen Tabellen stehen Prozentwerte; die Prozentwerte in dem farblosen Teil sind mehr oder weniger deutlich geringer als die Prozentwerte in den gefärbten Teilen. Das bedeutete für Herzberg, dass die grünen Faktoren (deutlich) häufiger Zufriedenheit als Unzufriedenheit bewirkten und dass die roten Faktoren umgekehrt (deutlich) häufiger Unzufriedenheit als Zufriedenheit bewirkten.

Herzberg benannte einen zweiten Unterschied der beiden Gruppen: die Zufriedenmacher (sie führen zu einer "high job attitude") betreffen in seiner Deutung die Tätigkeit, während die Unzufriedenmacher (sie führen zu einer "low job attitude") das Arbeitsumfeld betreffen:
"We can expand on the previous hypothesis by stating that the job satisfiers deal with the factors involved in doing the job, whereas the job dissatisfiers deal with the factors that define the job context." (MW: 82)
Herzberg sprach in diesem Zusammenhang auch von intrinsischen und extrinsischen Faktoren.

Die Tabelle zeigt, dass die Faktoren, die mit einem höheren Prozentwert zur Zufriedenheit (satisfaction) führen, die ersten fünf sind:

  •  Leistung
  •  Anerkennung der Leistung
  •  die Arbeit an sich
  •  Verantwortung
  •  berufliches Fortkommen

Herzberg nannte sie Motivatoren.
Der Faktor "Growth" (Entwicklung) wurde von Herzberg zwar auch zu den Motivatoren gezählt, doch ist das mit den Ergebnissen, meiner Meinung nach, nicht zu rechtfertigen: 1959 war "Growth" eher ein Anlass zu "extreme dissatisfaction" (8%) als zu "extreme satisfaction" (6%), was sich zwar mit den Folgeuntersuchungen umkehrte - "extreme dissatisfaction" (5%) gegenüber "extreme satisfaction" (7%) -, aber kein deutliches Ergebnis darstellt. Diese Veränderung sollte eher Anlass sein, diesen Faktor in weiteren Untersuchungen nochmal genauer zu beleuchten, um dann eine klarere Aussage darüber zu erzielen.

Die Faktoren, die mit einem deutlich höheren Prozentwert zu Unzufriedenheit (dissatisfaction) führen, sind die unteren sechs:

  •  Unternehmenspolitik / interne Organisation
  •  Dienstaufsicht / Kontrolle
  •  Arbeitsbedingungen / Betriebsklima
  •  Verhältnis zu den Vorgesetzten
  •  Verhältnis zu den Arbeitskollegen
  •  Privatsphäre

Herzberg nannte sie Hygienefaktoren. Beseitigt man ihre negative Wirkung (sorgt man für "Hygiene") führt das noch nicht zu Zufriedenheit und Motivation - lediglich die Unzufriedenheit ist beseitigt.
Bei Herzberg waren es 1968 zehn Faktoren - er zählte noch "Salary", "Relationship with subordinates", "Status" und "Security" dazu. Doch aufgrund der fehlenden Eindeutigkeit hinsichtlich der Richtung, des geringen Unterschiedes mancher Prozentwerte, oder aufgrund der prozentual geringen Bedeutung zähle ich diese Faktoren nicht dazu und würde die Tabelle eher so färben:

 

FACTORS AFFECTING JOB ATTITUDES AS REPORTED IN 12 INVESTIGATIONS

Factors characterizing 1,844 events on the job that led to extreme dissatisfaction

FACTOR
Factors characterizing 1,753 events on the job that led to extreme satisfaction

(10%)
. 7%
Achievement
(42%)
41%
(. 9%)
18%
Recognition
(31%)
33%
(12%)
14%
Work itself
(22%)
26%
(. 4%)
. 6%
Responsibility
(21%)
23%
(. 5%)
11%
Advancement
(12%)
20%
(. 5%)
. 8%
Growth
(. 7%)
. 6%
(35%)
31%
Company policy and administration
(. 4%)
. 3%
(19%)
20%
Supervision
(. 4%)
. 3%
(10%)
15%
Relationship with supervisor
(. 5%)
. 4%
(10%)
11%
Work conditions
(. 2%)
. 1%
(. 8%)
17%
Salary
(. 6%)
15%
(. 6%)
. 8%
Relationship with peers
(. 4%)
. 3%
(. 4%)
. 6%
Personal life
(. 1%)
. 1%
(. 4%)
. 3%
Relationship with subordinates
(. 4%)
. 6%
(. 3%)
. 4%
Status
(. 2%)
. 4%
(. 2%)
. 1%
Security
(. 1%)
. 1%

 

(Die Prozentangaben in Klammern sind die per Linealmessung geschätzten Balkengrafik-Werte des 1968er-Artikels; die Prozentangaben ohne Klammern sind die Angaben aus MW 1959: 72)

Grundlage der Ergebnisse waren Interviews, denen folgender Satz vorausging:

"Think of a time when you felt exceptionally good or exceptionally bad about your job, either your present job or any other job you have had. This can be either the »long-range« or the »short-range« kind of situation, as I have just described it. Tell me what happened." (MW: 141) In WNM wird der zweite Satz nicht mehr zitiert (siehe WNM: 93). Dieser Vorbemerkung folgten 14 Fragen, wobei die zwölfte Frage "How seriously were your feelings (good or bad) about your job affected by what happened ?" mit einer 21stufigen Skala zu beantworten war ("Note: 1 should be used for a sequence that hardly affected your feelings at all; 21 should be used for a sequence that affected your feelings as seriously as the most important events in your working experience."; MW: 142)

Waren die 14 Fragen zu dem ersten Ereignis, welches der/die Befragte nannte, beantwortet, erfolgte eine zweite Befragung mit dem selben Frageset zu einem weiteren Ereignis. Herzberg nannte dies die "sequence of events method" (WNM: 95 und MW: 23; die Details der Methode sind in The motivation to work erläutert). Ziel war, herauszufinden, was die Einstellung zur Arbeit (job attitude) veränderte, was also zu [mehr] Zufriedenheit oder Unzufriedenheit führte [beitrug]. Diese Änderung würde dann entweder motivierend oder demotivierend wirken.

Herzberg untersuchte auch, ob bestimmte Faktoren mit anderen mehr oder wenig häufig gekoppelt sind (maßgeblich dafür war die Antwort auf die vierte Frage "Can you tell more precisely why you felt the way you did at the time ?") und wie lange das Gefühl anhielt, was er bereits mit der zweiten Frage bzw. Fragegruppe abfragte ("How long did the feeling last ? Can you describe specifically what made the change of feelings begin ? When did it end ?" [auch in der 6., 7. und 8. Frage wird die Gefühlsdauer abgefragt]).

Angesichts der häufigen Abfrage der Gefühlsdauer und der einleitenden Worte hinsichtlich der "»long-range« or the »short-range« kind of situation" wird die Wichtigkeit dieses Abfragegesichtspunktes deutlich. Folgerichtig zeigen Herzberg/ Mausner/ Snyderman am Ende des Kapitel 8 ("The Factors") in The motivation to work eine zusammenfassende Grafik (MW: 81; die Grafik ist zugleich die einleitende Grafik des Kapitel 6 in Work and the nature of man (S. 73) und sie zeigt nicht alle 16 Faktoren, sondern nur die 10 statistisch signifikanten Faktoren):


Die Länge der Balken in der Grafik gibt die Häufigkeit wieder, mit der der jeweilige Faktor von den Befragten genannt wurde. Die Breite des Balkens gibt die Dauer wieder, mit der die Wirkung des Faktors anhielt. Eine kurze Dauer ("short duration of attitude change") bedeutet maximal zwei Wochen, während eine lange Dauer ("long duration of attitude change") über Jahre wirken kann. "High" steht für eine verbesserte Einstellung zur Arbeit (job attitude) und "Low" steht umgekehrt für eine verschlechterte Einstellung zur Arbeit.

Man sieht sehr deutlich, dass

Erstens Leistung (achievement) und Anerkennung der Leistung (recognition) zwar am häufigsten genannt werden, aber nur kurze Zeit wirken.

Zweitens für die Langfristigkeit von Zufriedenheit Verantwortung (responsibility) die deutlich größte Bedeutung hat - gefolgt von der Arbeit an sich (work itself) und dem beruflichen Fortkommen (advancement).

Drittens der Faktor Gehalt (salary) ähnlich häufig zu Zufriedenheit wie auch zu Unzufriedenheit führt, doch die Dauer der Unzufriedenheit deutlich länger ist als im Fall der Zufriedenheit. Überhaupt ist die Dauer der Unzufriedenheit unter den genannten Hygienefaktoren beim Gehalt (salary) am längsten. Nach ihrer ersten Studie sagten Herzberg/ Mausner/ Snyderman dazu 1959:
"It was the system of salary administration that was being described, a system in which wage increases were obtained grudgingly, or given too late, or in which the differentials between newly hired employees and those with years of experience on the job were too small." (MW: 83)
1966 sagte Herzberg beim Vergleich der nun inzwischen vorliegenden 10 Studien.bei der Betrachtung der Befragungsergebnisse von "119 housekeeping workers at.two Veterans Administration hospitals in Cleveland. [...] For the first time in any.study, salary appears significant as a dissatisfier, which according to the theory and to other evidence it should be. [...] When salary occurs as a factor in the lows, it revolves around the unfairness of the wage system within the company, and this almost always refers to increases in salaries rather than to the absolute levels." (WNM: 118f [das Verhältnis von Unzufriedenheit (low) zu Zufriedenheit (high) betrug hier 21:9 Prozent]) Ich gehe auf den Faktor Gehalt etwas ausführlicher ein, weil Vergütungssysteme.in engem Zusammenhang mit dem wichtigen Motivator Anerkennung der Leistung (recognition) stehen und einige oder viele Menschen gerade in der heutigen Zeit.daran zweifeln, dass Leistung sich lohnt. Außerdem stellt sich die Frage, ob die.Personen, die viel verdienen, eine entsprechende Leistung erbracht haben.
Das hat nichts mit Neid, sondern mit Fairness und Gerechtigkeit zu tun !

Angesichts der genannten Ergebnisse ist es umso verwunderlicher, dass die Gefühlsdauer nur einmal Bestandteil des wichtigeren Werkes Work and the nature of man ist. Gerade bei der Vielzahl der befragten Personen hätte dieser Gesichtspunkt im Vergleich zu den Ergebnissen von 1959 mehr Fundierung bekommen (oder auch nicht). Auch in seinem Artikel von 1968 hat Herzberg diese Ergebnisse in ihrer Differenziertheit nicht mehr erwähnt. Im Resümee sagte er lediglich "Motivatoren wirken im Gegensatz zu Hygienefaktoren sehr viel länger auf die Einstellung der Mitarbeiter." und im Rückblick auf seinen Artikel machte er 1987 lediglich eine Äußerung in diese Richtung (siehe einige Absätze weiter unten). Beide Äußerungen geben die Vielschichtigkeit seiner Ergebnisse nur unvollständig wieder.

Eine Anwendung der Ergebnisse findet sich in seinem Job-Loading-Konzept (siehe noch weiter unten).




Frederick Herzberg misstraute allen Versuchen, von außen Motivation an die Mitarbeiter heranzutragen. Es kam ihm darauf an, etwas zu finden, was den Menschen von innen heraus in seiner Arbeitswelt motiviert.

Herzbergs Grundfrage war "Wie installiert man einen Generator im Mitarbeiter ?" (Herzberg 2003: 55)
Als Antwort auf seine Frage schuf er mit seiner Zwei-Faktoren-Theorie eine Grundlage, die auch heute noch beachtenswert ist.

Das mit der Theorie einhergehende Menschenbild besteht ebenfalls aus zwei Elementen: in die eine Richtung geht der "Animal-Adam", der Schmerzen meidet und in die andere Richtung geht der "Human-Abraham", der nach Wachstum durch Aufgaben strebt.

"Man's basic needs can be diagrammed as two parallel arrows pointing in opposite directions. One arrow depicts his Animal-Adam nature, which is concerned with avoidance of pain stemming from the environment, and for man the psychological environment is the major source of this pain. The other arrow represents man's Human-Abraham nature, which is concerned with approaching self-fulfillment or psychological growth through the accomplishment of tasks." (WNM: 76)

Eine wohl nicht mehr zu klärende Frage ist, ob sich diese Sichtweise aus seinen Untersuchungen ergab, oder ob Herzberg dieses Menschenbild bereits mit sich trug als er seine Untersuchungen durchführte. Ein Kapitel "Adam and Abraham" erschien jedenfalls erst 1966 in WNM und nicht bereits 1959 in MW. Der erste Absatz des Kapitel 2 in WNM lautet:

"WHILE THE RESULTS of the study The Motivation to Work were being presented to management for training purposes, and during the course of participation in action programs to implement the concepts derived from the book, a theory was developed concerning the two-dimensional-need system of man that had wider applications than originally intended. In that early study it was proposed that man has two sets of basic needs - his animal needs, which relate to the environment, and his distinctive human needs, which relate to the tasks with which he is uniquely involved." (WNM: 12)

In Kapitel 3 von WNM beschreibt Herzberg dann "Industry's Concepts of Man".



1968 und 1987 erschien im "Harvard Business Review" der ebenso amüsante wie lehrreiche und legendäre Artikel von Frederick Herzberg: One more time: How do you motivate employees.
Es ist einer der meistverkauften Artikel des HBR - bis 1987 war es der meistverkaufte Artikel. So hieß es damals auf der ersten Artikelseite:
"Frederick Herzberg's contribution has sold more than 1.2 million reprints since its publication in the January-February 1968 issue. By some 300.000 copies over the runner-up, that is the largest sale of any of the thousands of articles that have ever appeared between HBR's covers."

2003 folgte ein Wiederabdruck des 1968er-Artikels im HBR — also ohne den "Retrospective Commentary" des 1987er-Wiederabdrucks. Der deutsche Harvard Business manager folgte drei Monate später (April 2003) mit einer dt. Übersetzung des Klassikers in der Spezialausgabe "Motivation" — die Ausgabe findet man mit Glück noch gebraucht im Internet-Buchhandel.

Allerdings sei erwähnt, dass die dt. Übersetzung manches weggelassen hat. So wird z. B. die Zahl der befragten Erwerbstätigen (die oben erwähnten 1.685 Personen) einfach weggelassen. Trotzdem macht es Sinn, den Artikel zu lesen. Zum einen erfahren Sie das Wesentliche seiner Gedankengänge und Untersuchungen, und zum anderen ist diese deutsche Spezialausgabe des Harvard Business manager eine wahre Fundgrube für jeden, der sich für Motivation, Führung, Personalentwicklung und Management interessiert.

Obwohl der Artikel im Jahr 1968 geschrieben worden ist, kann man den Eindruck gewinnen, er wäre heute geschrieben.

Knapp zwanzig Jahre später schrieb Herzberg 1987 auf den Seiten 118 und 120 rückblickend auf seinen Artikel von 1968 :

"The first part of the article distinguishes between motivation and movement, a distinction that most writing on motivation misses. Movement is a function of fear of punishment or failure to get extrinsic rewards. It is the typical procedure used in animal training and its counterpart, behavioral modification techniques for humans. Motivation is a function of growth from getting intrinsic rewards out of interesting and challenging work.

While the immediate behavioral results from movement and motivation appear alike, their dynamics, which produce vastly different long-term consequences, are different. Movement requires constant reinforcement and stresses short-term results. To get a reaction, management must constantly enhance the extrinsic rewards for movement. If I get a bonus of $1,000 one year and $500 the next, I am getting extra rewards both years, but psychologically I have taken a $500 salary cut.

Motivation is based on growth needs. It is an internal engine, and its benefits show up over a long period of time. Because the ultimate reward in motivation is personal growth, people don't need to be rewarded incrementally. I write a book - a big accomplishment. Then I write an article - a lesser accomplishment, but nevertheless an addition to my personal growth.

[...]

To return to "One More Time": I don't think I would write it much differently today, though I would include the knowledge gained from recent job enrichment experiments. The distinction between movement and motivation is still true, and motivation-hygiene theory is still a framework with which to evaluate actions. Job enrichment remains the key to designing work that motivates employees."



Hier einige Auszüge aus der dt. Übersetzung des Artikels :

"In jedem Publikum gibt es den Manager, der als Mann der Tat dazwischenruft: »Geben Sie dem Typ doch einfach einen Tritt!« Und dieser Manager hat Recht. Am sichersten und schnellsten wird jemand durch einen Tritt in den Hintern dazu gebracht, etwas zu unternehmen - ich möchte daher diese Methode auch mit Kita (kick in the ass = Tritt in den Hintern) überschreiben.
[...]
Positive Kita. Wenn ich zu Ihnen sage: »Tun Sie das oder das für mich oder den Betrieb, dann erhalten Sie dafür von mir eine Anerkennung, einen Anreiz, einen verbesserten Status, eine Beförderung oder irgendeine andere Verheißung, mit der ein modernes Unternehmen aufwarten kann«, motiviere ich Sie damit ?
Die Mehrzahl der Manager, denen ich diese Frage vorlegte, glaubte, das sei Motivation.
Ich besitze einen Schnauzer, der ein Jahr alt ist. Als er noch ein Welpe war und ich ihn in Bewegung bringen wollte, schubste ich ihn, und er bewegte sich vorwärts. Jetzt, wo er abgerichtet ist, brauche ich ihm nur einen Hundekuchen vor die Nase halten, und er kommt auf mich zu. Wer ist in diesem Fall motiviert, der Schnauzer oder ich ? Der Hund will den Kuchen, aber ich will, dass er sich bewegt. Wiederum bin ich es, der motiviert ist, und der Hund ist der, der losläuft. Ich habe einzig und allein Kita direkt angewandt. Ich zog, anstatt zu schieben. Die Firmen haben ein großes Angebot an Hundekuchen für Menschen, mit denen sie ihren Beschäftigten vor der Nase herumwedeln, damit diese springen.

Mythen der Motivation

Weshalb ist Kita keine Motivation ? Wenn ich meinen Hund trete, dann bewegt er sich. Und wenn ich will, dass er sich noch einmal bewegt, muss ich ihn nochmals treten. Ebenso kann ich die Batterie eines Menschen laden und wieder und wieder aufladen. Aber erst wenn jemand einen eigenen Generator hat, können wir von Motivation sprechen. Es bedarf keiner Stimulation von außen mehr, er selbst will handeln."

Im Folgenden beschreibt Herzberg eine Reihe von Personalführungspraktiken :

  •  Arbeitszeitverkürzung
  •  Lohnerhöhungen
  •  Sozialleistungen
  •  Zwischenmenschliche Beziehungen
  •  Sensitivitätstraining
  •  Kommunikation
  •  Zweiseitige Kommunikation
  •  Mitsprache am Arbeitsplatz
  •  Psychologische Beratung

Es folgt ein kurzes Fazit der drei allgemeinen Philosophien zur Personalführung (Organisationstheorie, technisch-mechanistisches Vorgehen, Verhaltenspsychologie).

Es schließt sich eine Unterscheidung zwischen Arbeitsbereicherung (Job Enrichment) und Arbeitserweiterung (Job Enlargement) an, wobei er seine Theorie mit Job Enrichment in Verbindung bringen will und es Job Loading nennt.:

"In dem Bestreben, bestimmte Aufgaben anzureichern, reduziert das Management häufig den persönlichen Beitrag der Mitarbeiter, statt ihnen Wachstum im Rahmen ihrer gewohnten Tätigkeiten zu ermöglichen. Dieses Vorgehen, ich nenne es horizontale Aufgabenerweiterung (im Gegensatz zu vertikaler Aufgabenerweiterung oder dem Bereitstellen von Motivatoren), schuf in der Vergangenheit Probleme. Denn eine Aufgabenerweiterung verstärkt häufig nur die Entfremdungsgefühle bei der Arbeit.
[...]
Die Prinzipien des vertikalen Job Loading sind noch nicht abschließend geklärt. Ich habe jedoch einige nützliche Grundgedanken zusammengestellt."

Jetzt kommt der interessante Teil seines Artikels, indem er das Konzept der Arbeitsbereicherung in zehn Schritten beschreibt. Abschließend dann sein

"Resümee

Arbeitsbereicherung ist kein einmaliger, abgrenzbarer Vorgang, sondern eine kontinuierliche Managementaufgabe. Die begonnenen Veränderungen sollten lange Zeit gelten. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

Durch die Veränderungen sollten die Arbeitsaufgaben auf das Anforderungsniveau gehoben werden, das den Fähigkeiten der für diese Tätigkeit Eingestellten entspricht.

Mitarbeiter, die möglicherweise dennoch unterfordert sind, sind in der Lage, das leichter zu beweisen, und erreichen damit ihre Beförderung auf höhere Positionen.

Motivatoren wirken im Gegensatz zu Hygienefaktoren sehr viel länger auf die Einstellung der Mitarbeiter. Umstände können es erfordern, eine Tätigkeit ein.weiteres Mal anzureichern, obgleich eine Änderung sehr viel seltener erforderlich sein wird als bei den Hygienefaktoren.

Weder lassen sich alle Tätigkeiten anreichern, noch ist das bei allen notwendig. Kämen jedoch nur Bruchteile des Aufwandes und der Zeit, die heute in Hygienemaßnahmen fließen, der Arbeitsbereicherung zugute, würde der Nutzen im menschlichen wie auch im ökonomischen Bereich weit höher sein als bei jeder anderen Maßnahme des Personalmanagements, die je unternommen wurde."




In unserer Zeit ist ja bereits seit Jahren die psychologische Beratung in Form von ausgeklügelten Persönlichkeitsentwicklungsseminaren oder dem hausinternen oder -externen Mitarbeiter-Coaching eine "In"-Methode.

Lesen Sie, was Herzberg dazu sagte :

"Psychologische Beratung. Die erste systematische Anwendung dieser Form der Kita erfolgte im Rahmen des Hawthorne-Experiments bei der Western Electric Company. Das war in den 30er Jahren, als man glaubte, irrationale Stimmungen unter den Beschäftigten würden die rationalen Betriebsabläufe stören. In den Gesprächen mit Vertrauensleuten sollten sich die Beschäftigten ihre Probleme von der Seele reden. Obwohl die psychologischen Techniken noch primitiv waren, fanden sie ungeheuren Anklang.
Der Beratungsansatz erlitt einen Rückschlag. In Experimenten, die während des Zweiten Weltkriegs durchgeführt wurden, stellte sich heraus, dass die Beratungsprogramme selbst die betrieblichen Arbeitsprozesse störten. Die Psychologen hatten sich nicht allein auf ihre Rolle als gutwillige Zuhörer beschränkt, sondern hatten sich ihrerseits bemüht, etwas zur Lösung der gehörten Probleme beizutragen. Die psychologische Betreuung von Mitarbeitern erfreut sich inzwischen wieder wachsender Beliebtheit. Aber anscheinend haben auch viele dieser Programme, gleich all den anderen, nicht die drängende Frage gelöst: »Wie motiviert man Arbeitnehmer ?«"



Ergänzend sei eine Verbindung zwischen dem am 11. November 2005 verstorbenen Altmeister der Managementdenker Peter Ferdinand Drucker und Frederick Herzberg aufgezeigt. Drucker, der in den 1940ern für General Motors tätig war, verwies [1979]/1981 auf Herzberg :

"Wilsons ganz besonderes Interesse galt der Tätigkeit der Mitarbeiter und der Werksgemeinschaft. »Wenn ich Sie recht verstehe, Herr Drucker«, sagte er eines Tages zu mir, »dann meinen Sie, daß wir es bisher in diesem Lande geschafft haben, die manuellen Arbeitskräfte zu produktiven und gutbezahlten Angehörigen der Mittelklasse zu machen. Und nun müßten wir sie zu genauso fähigen Bürgern machen, wie wir sie zu fähigen Produzenten gemacht haben. Also müssen wir herausfinden, was das heißt. »Sobald der Krieg vorbei war, entwickelte Wilson ein größeres Forschungsprojekt, um festzustellen, welches für General-Motors-Arbeiter die wirklich wichtigen Bereiche waren. »Sie sagen zwar, daß Sie wissen, was das für Gebiete sind«, sagte er, »und die von Ihnen erwähnten Dinge erscheinen mir durchaus plausibel. Ich habe jedoch gelernt, mich weniger auf Intelligenz als auf konkrete Daten zu verlassen.« Als erstes wollte er eine große Arbeitnehmerumfrage durchführen, woraufhin man ihm mitteilte, daß er vielleicht bei fünf Prozent der Leute mit einer Reaktion rechnen könnte. Da dies natürlich völlig unzureichend war, kamen er und seine Leute auf die Idee, einen Wettbewerb unter dem Motto »Meine Arbeit und warum ich sie mag« zu veranstalten; dabei waren eine Menge kleiner Preise zu gewinnen, und eine externe Jury (zu der ich und George Taylor, der ehemalige Chairman des War Labor Board gehörten) sollte die Preisverleihung vornehmen. Dieser Wettbewerb bestätigte voll und ganz Wilsons und meine Vermutungen. Tatsächlich brachte er genau dieselben Ergebnisse, die seitdem im Rahmen der Industriepsychologie von Leuten wie Rensis Likert in Michigan oder von Frederick Herzberg über die Arbeitsmotivation ermittelt wurden. Er zeigte, daß die rein äußerlichen Belohnungen der Arbeit - wie Lohn oder Beförderung - dem entsprechen, was Herzberg als »Hygienefaktoren« bezeichnet hat. Das heißt, eine diesbezügliche Unzufriedenheit ist einerseits ein starkes Hemmnis und ein Negativanreiz, andererseits fällt eine derartige Zufriedenheit nicht sonderlich ins Gewicht und bietet nur wenigen einen echten Anreiz. Die wirklich starken Motivatoren und Anreize sind dagegen Leistung, Beitrag und Verantwortung.

Der Wettbewerb zeigte außerdem, daß Arbeitnehmer in ihrem Beruf und ihrer Arbeit Befriedigung finden wollen und daß sie nichts so sehr verärgert wie die Tatsache, die von ihnen beherrschte Arbeit - und zwar egal welche -, für die sie schließlich auch bezahlt werden, nicht machen zu können.
[...]
Wilson betrachtete den »Mein Job«-Wettbewerb als die Krönung seiner General-Motors-Karriere, und er hatte nicht ganz unrecht damit; denn der hierbei von ihm und General Motors erzielte Erfolg war tatsächlich einmalig. Fast zwei Drittel der GM-Arbeitnehmer oder etwa 200 000 Leute hatten daran teilgenommen." (Drucker, Peter F. (1981): Zaungast der Zeit (übersetzt von Gerti von Rabenau), ECON, Düsseldorf/Wien, [Original: Adventures of a Bystander, 1979], S. 251f, [eigene Hervorhebung])

In seinem Klassiker Die ideale Führungskraft (1993) [Original: The effective executive, 1966] bemerkt Drucker hinsichtlich des Managers als Kopfarbeiter mit Bezug auf Frederick Herzberg :

"Die Antriebskräfte des Kopfarbeiters hängen davon ab, ob er produktiv werden kann, ob er imstande ist, etwas zu erreichen.*
* Dasselbe geht aus allen Studien hierzu hervor, besonders aus drei empirischen Werken: Frederick Herzberg (mit B. Mauser und B. Snyderman), The Motivation to Work (New York, Wiley 1959); David C. McClelland, The Achieving Society (Princeton, N. J., Van Nostrand, 1961); und Frederick Herzberg, Work and the Nature of Man (Cleveland, World, 1966)."

An dieser Stelle sei auf eine rund elfminütige Vortragsanimation hingewiesen, die im Jahr 2010 von der Royal Society for the encouragement of Arts, Manufactures and Commerce (RSA) veröffentlicht wurde :

 

"Und Produktivität bedeutet für den Geistesarbeiter, die richtigen Dinge in Gang zu bringen. Es bedeutet Effektivität seiner Arbeit." (Drucker [1966]/ 1993: 21) Gleich im ersten Kapitel seines Buches führt Drucker mit der Unterscheidung zwischen Hand- und Geistesarbeiter den Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität zur Charakterisierung einer Führungskraft ein. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal ist die Messbarkeit:

"Von der Tätigkeit einer Führungskraft erwartet man einen bestimmten Nutzeffekt. Einerlei, ob sie in einem Wirtschaftsbetrieb oder in einem Krankenhaus, in einer Behörde oder in der Gewerkschaft arbeitet, ob sie an der Universität oder in der Armee tätig ist, sie hat dafür zu sorgen, daß die richtigen Dinge getan werden. Man erwartet einfach, daß sie Leistungen bewirkt.
[...]
Für Handarbeit brauchen wir Effizienz; das ist die Fähigkeit, die Dinge richtig zu tun, statt (wie erwähnt) dafür zu sorgen, daß die richtigen Dinge getan werden. Der Handarbeiter kann immer nach seiner Leistung gemessen werden, die nach Quantität und Qualität genau bestimmt ist, etwa ein Paar Schuhe pro Tag.
[...]
Das imponierende System der modernen Meß- und Untersuchungsmethoden, die wir für die Handarbeit entwickelt haben - von der Arbeitsanalyse bis zur Qualitätskontrolle -, ist auf geistige Arbeit nicht anwendbar. Es gibt wenig Dinge, die unproduktiver sind und Gott weniger wohlgefällig als eine Entwicklungsabteilung, die in Rekordtempo die schönsten Blaupausen für das falsche Produkt erstellt. Geistige Arbeit kann nur dann einen Nutzeffekt haben, wenn sie sich mit den richtigen Dingen befaßt. Dabei können unmöglich die gleichen Maßstäbe wie bei der Handarbeit angewendet werden.
Der Geistesarbeiter kann nicht so streng und nicht im einzelnen überwacht werden. Er kann nur unterstützt werden: steuern muß er sich selbst, und zwar in Richtung auf die vollkommene Erfüllung seiner Aufgabe und seines Beitrages zur Gesamtaufgabe, das heißt in Richtung auf seine effektive Leistung." (Drucker [1966]/ 1993: 15, 16, 18f, Kursivsetzung wie im Original)

Im selben Jahr der Veröffentlichung von The effective executive erschien der Artikel The decline of politics and ideology in a knowledgeable society des Soziologen Robert E. Lane, der damit den Begriff der "Wissensgesellschaft" einführte. Drei Jahre später wird Drucker in The Age of Discontinuity. Guidelines to our Changing Society (1969, dt: Die Zukunft bewältigen. Aufgaben und Chancen im Zeitalter der Ungewißheit, 1969) den Terminus "Wissensgesellschaft" besprechen.

Kommen wir zurück zur Verbindung Drucker - Herzberg.
Drucker warnte auf einem Symposium der American Psychological Association vor Herzbergs Vorhaben - siehe Herzberg in seinem Vorwort von The motivation to work:

"A note is necessary on the ethical justification of this work. In a world in which organization men and hidden persuaders are fair game for every social critic the behavioral scientist who embarks on an investigation of people's attitudes toward their jobs must necessarily feel a trifle defensive.
A noted social scientist, Peter Drucker, in addressing a symposium at the American Psychological Association, stated that an investigation of worker's job attitudes was immoral and unjustified. He felt that it was no business of anyone but the worker himself how he felt about his job. Similar feelings have been echoed by many others." (MW: Vorwort, Seite x)

Herzberg und seine Kollegen besprachen diese Kritik und kamen zu dem Schluss, dass die Befürchtung, die Untersuchungsergebnisse könnten missbraucht werden, zwar berechtigt seien, doch werteten sie die Chancen, die für eine Verbesserung der Arbeitswelt sprachen und damit "to discover and then reinforce the kinds of things that make people happier" als höher (MW: xi). Ihre Überlegungen zu den moralischen Bedenken beendeten die Forscher mit zwei Sätzen, die einen Blanco-Scheck darstellen, um jede moralische Bedenken gegenüber wissenschaftlichem Tun vom Tisch zu wischen:

"No scientist in this age can ignore the potential for harm in his work. Neither can he be held back from his investigations for fear of possible misuse of his findings." (MW: xi)

Jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin muss immer wieder neu entscheiden, wie es sich verhält. Es gibt keinen Blanco-Scheck für wissenschaftliches Tun.



Abschließend noch einige historische Anmerkungen.

Bevor Herzberg/ Mausner/ Snyderman 1959 The motivation to work verfassten, veröffentlichten Herzberg/ Mausner/ Peterson/ Capwell 1957 eine Forschungsliteraturrecherche. Die Aufgabe war, Studien zu ermitteln, die versuchten, die Frage "What do people want from their jobs ?" zu beantworten, denn "the answer to this question is conceived as the crucial source to the successful motivation of the worker." (MW: 107) Es zeigte sich zwischen 1920/1924 bis 1950/1954 ein massiver Anstieg des Forschungsinteresses - wurde für den ersten Zeitraum zunächst nur eine Studie gefunden, waren es 30 Jahre später bereits 67 Studien:


Es sei angemerkt, dass zwei Jahre zuvor, also 1955, A. H. Brayfield und W. H. Crockett in ihrem Artikel Employee Attitudes and Employee Performance ebenfalls Ergebnisse einer Literaturrecherche präsentierten.

Die Ergebnisse von Herzberg/ Mausner/ Peterson/ Capwell zeigten, dass sie sich einem Forschungsfeld widmeten, dem rasch zunehmendes Forschungsinteresse galt. Sie stellten bei dieser Untersuchung fest, dass sich Studien mit unterschiedlichen bis gegensätzlichen Ergebnissen finden ließen. Das eine Extrem bildeten die Studien, "which demonstrate that the basic need of the worker is to be treated with dignity and with an awareness of his unique personality." (MW: 108) Das andere Extrem waren Studien, die die Ansicht stützten, "that man works for the almighty dollar." (MW: 109).

"It is disturbing to the social scientist to find that the accumulation of data from research provides evidence for all possible answers to the essential question of, »What do people want from their jobs ?«" (MW: 109)

Auch Studien, die Manager oder Gewerkschafter befragten, zeigten ein "lack of success in predictions of workers' wants". (MW: 109)

Damit war der Boden für die ersten Forschungen von Herzberg/ Mausner/ Snyderman und die dann folgenden Studien, die andere Forscher nach dem Vorbild von Herzberg/ Mausner/ Snyderman durchführten, bereitet.

Während die von der Herzbergschen Theorie inspirierten Forscher ihre Untersuchungen verfolgten, sprießten in den 1960ern auch andere Motivations-Theorien. Es soll hier ein kurzer - sicherlich unvollständiger - Einblick der wesentlichen Veröffentlichungen in dieser Zeit gegeben werden:

1938: H. A. Murray : Explorations in personality
1942: C. M. Arensberg / D. McGregor : Determination of morale in an industrial company (Artikel)
1943: A. H. Maslow : A theory of motivation (Artikel)
1949: D. Katz : Morale and motivation in industry (Artikel)
1953: D. C. McClelland / J. W. Atkinson / R. A. Clark / E. L. Lowell : The achievement motive
1954: A. H. Maslow : Motivation and Personality
1955: A. H. Brayfield / W. H. Crockett : Employee Attitudes and Employee Performance (Artikel)
1956: W. H. Whyte, Jr. : The organization man
1957: R. B. Cattell : Personality and Motivation
1957: C. Argyris : Personality and organisation - the conflict between system and the individual
1957: J. W. Atkinson : Motivational determinants of risk-taking behavior (Artikel)
1958: H. Arendt : The human condition
1959: R. W. White: Motivation reconsidered: The concept of competence
1960: D. McGregor : The Human Side of Enterprise
1961: J. F. Hall : Psychology of Motivation
1961: V. H. Vroom / N. Maier : Industrial Social Psychology (Artikel)
1963: H. Heckhausen : Hoffnung und Furcht in der Leistungsmotivation
1964: J. W. Atkinson : An introduction to motivation
(1975 dt.: Einführung in die Motivationsforschung)
1964: V. H. Vroom : Work and Motivation
1965: J. S. Adams : Equity/Inequity in social exchange (Artikel)
1965: H. Heckhausen : Leistungsmotivation (Artikel)
(1967 engl.: The Anatomy of Achievement Motivation [als Buch])
1965: H. Thomae (Hg.) : Die Motivation menschlichen Handelns (eine Sammlung vieler ins Deutsche übersetzter Artikel verschiedener internationaler Autoren aus dem Gebiet der Motivationsforschung)
1966: C. W. Graves : The Deterioration of Work Standards (Artikel)

Interessant und seltsam ist, dass der Artikel Leistungsmotivation von Heckhausen keinen Verweis auf Herzberg enthält - und das, obwohl Heckhausen mit dem letzten Satz seiner ersten Anmerkung auf der ersten Seite sagte: "Der Artikel verfolgt die Literatur bis Anfang 1965."
Heckhausen sah die Anfänge der Motivationsforschung bei
1910: N. Ach : Über den Willensakt und das Temperament
1926: K. Lewin : Vorsatz, Wille und Bedürfnis (Artikel)
Auch in dem Sammelwerk von Hans Thomae (1965) taucht Herzberg nicht auf. Selbst der Amerikaner J. F. Hall (1961) ignorierte die Studie von Herzberg/ Mausner/ Snyderman.

Ebenso interessant wie seltsam ist allerdings auch, dass Herzberg weder 1959 noch 1966 einen Bezug auf das Werk The achievement motive von McClelland/ Atkinson/ Clark/ Lowell (1953) nahm.

Die Nichterwähnung Herzbergs setzt sich bei dem berühmten Motivationsforscher Heinz Heckhausen (1926 bis 1988) auch Jahrzehnte später fort. Ein Blick ins Literaturverzeichnis der von der Tochter Jutta Heckhausen herausgegebenen dritten (2006) und vierten überarbeiteten Auflage (2010) seines Standardwerkes Motivation und Handeln [1980] zeigt, dass Frederick Herzberg und die Begriffe "Motivatoren" und "Hygienefaktoren" weiterhin nicht für Wert erachtet werden, erwähnt zu werden. War es 1965 vielleicht noch ein Versehen Heckhausens, so ist 1980 und später schwer vorstellbar, dass die vielen an dem Werk beteiligten Autoren Herzbergs Theorie nicht kannten. Ein ähnliches Schicksal ereilte aber auch George Alexander Kelly - lediglich sein Artikel Comments on J. Brehm, Motivational effects of cognitive dissonance (1962) findet sich im Literaturverzeichnis. Sein gegen den Strich bürstender Artikel von 1958, der als letzter Artikel in dem 1965 von Thomae herausgegebenen Sammelwerk erschien, gehört aber auch heute noch in jedes Standardwerk zum Thema "Motivation" - insbesondere wenn es um den Zusammenhang von Motivation und Handeln geht.

Kellys' Artikel heißt im Original Man's constructions of his alternatives und wurde für den Sammelband mit Der Motivationsbegriff als irreführendes Konstrukt übersetzt. In Kurzform erhalten wir hier einen Einblick in Kellys' Theorie der persönlichen Konstrukte in Abarbeitung am Motivationsbegriff. Nach Kelly wird der Mensch im abendländischen Denken seit den alten Griechen als etwas Statisches betrachtet, als etwas dem Bewegung erst eingehaucht wird. Genauso wie die Physiker von Raum und Materie sprechen und erst die Energie der Materie im Raum Bewegung verschafft. Dementsprechend enthält der Motivationsbegriff "die Auffassung, daß der Mensch wesensmäßig untätig sei. [...] Er wird nach der Auffassung der meisten zeitgenössischen Psychologen lebendig nur durch Einwirkung spezieller belebender Kräfte. Wir bezeichnen diese Kräfte mit Namen wie »Motiv«, »Antrieb«, »Bedürfnisse« und »Triebe«." (498, 499) Demnach wäre ein unmotivierter Mensch eine "untätige Substanz". Vielmehr macht es Sinn davon auszugehen, dass zum Wesen des Menschen die Bewegung gehört, sonst wäre er tot und nicht lebendig. Der Mensch trägt immer irgendein Motiv in sich - Außenstehende und wir selbst können es nur nicht immer erkennen. Nach Kellys' Theorie ist "der Begriff der Motivation zur Erklärung der menschlichen Aktivität überflüssig." (499) Der Mensch steht stets vor Entscheidungs- und damit vor Handlungsalternativen. Seine Wahl und die Kriterien seiner Wahl sind abhängig von den "Konstrukten", die er über die Welt, über sich und in Bezug auf vergangene Ereignisse und von ihm vorweggenommene zukünftige Ereignisse in sich trägt: "Die Menschen formen sich nicht nur ihre Alternativen, sie formen auch die Kriterien zur Wahl zwischen ihnen." (504) Die Formung der Alternativen steht in direktem Zusammenhang zu der Art und Weise, in der wir Ereignisse innerlich vorwegnehmen (antizipieren). (vgl. 505) Das hat zur Folge, dass der Mensch "niemals Wahlen treffen kann, die außerhalb der Welt der Alternativen, die er für sich selbst aufgerichtet hat, liegen." (507) Sowohl die Freiheit als auch die Unfreiheit des Menschen liegt in den Bedeutungsgehalten, die er den vergangenen und zukünftigen Ereignissen gibt. "Eine Persönlichkeit wählt für sich innerhalb eines zwei Möglichkeiten aufweisenden Konstrukts jene Möglichkeit, von der sie die größten Chancen einer Erweiterung und Bestimmung ihres eigenen Systems erwartet." (508) Damit ist für Kelly jeglicher "Katalog von Motiven, um unser personales System in Unordnung zu bringen" (509) überflüssig.

(Kelly, G. A. ([1958]/ 1965): Der Motivationsbegriff als irreführendes Konstrukt, in: Thomae, H. (Hg.): Die Motivation menschlichen Handelns, Köln/Berlin: Kiepenheuer & Witsch, S. 498-509)

Kelly schrieb den Artikel ein Jahr bevor Herzberg/ Mausner/ Snyderman The motivation to work veröffentlichten.



Übrigens erschien in der Jan./Feb.-Ausgabe 1968 des Harvard Business Review nicht nur der Herzberg-Artikel. Auf den Seiten 118-126 findet sich auch der Artikel What job attitudes tell about motivation von Lyman W. Porter und Edward E. Lawler. Man sollte den Herzberg-Artikel nicht ohne Kenntnisnahme dieses Artikels lesen. Außerdem bietet sich ein Vergleich mit dem ebenfalls aus dem Jahr 1968 stammenden Überblicksartikel Psychology of Men at Work von P. C. Smith und C. J. Cranny an (Annual Review of Psychology, January 1968, Vol. 19, pp. 467-496).

Viel Spaß beim Stöbern im Archiv der Universitätsbibliothek !

Das Archiv zu Frederick Herzberg befindet sich an der University of Utah in der Marriott Library: Papers & Photograph Collection

Und hier gibt es einen lachenden Herzberg zu sehen.